Blindschleiche
Steckbrief Blindschleiche
Größe | 40-45 cm |
Geschwindigkeit | 300-800 m/Stunde |
Gewicht | 20-100 g |
Lebensdauer | etwa 15 Jahre |
Nahrung | kleine, wirbellose Tiere |
Feinde | Igel, Dachs, Fuchs, Marder |
Verbreitung | Europa, Russland, Asien |
Lebensraum | Gras, Wiese, Waldränder, Komposthaufen |
Klasse | Reptilien |
Ordnung | Schuppenkriechtiere |
Familie | Schleichen |
Wissenschaftl. Name | Anguis fragilis |
Merkmale | Glänzende Haut, schmaler Kopf |
Merkmale und Besonderheiten
Die Blindschleiche ist eine Eidechse. Sie hat keine Beine. Deshalb wird sie oft mit einer Schlange verwechselt. Blindschleichen sind nicht giftig. Sie sind sehr friedlich und sie beißen nicht.
Körperbau und Aussehen
Größe und Gewicht
Blindschleichen werden insgesamt 40-45 cm lang. In seltenen Fällen erreichen sie sogar knapp 60 cm. Der Körper misst etwa 22 cm, der Schwanz etwa 18-23 cm. Ihr Gewicht liegt bei 20-100 g. Männliche und weibliche Tiere sehen sich sehr ähnlich.
Augen
Im Gegensatz zu Schlangen haben Blindschleichen Augenlider und können diese bei Bedarf schließen.
Haut und Farbe
Blindschleichen haben sechseckige, dachziegelförmige Hornschuppen. Auf dem Rücken glänzen sie golden, silbern oder bronzefarben. An den Seiten sind dunkle Längsstreifen zu sehen. Der Bauch ist grau bis schwarz.
Beine
Wieso haben Blindschleichen keine Beine? Die Beine haben sich im Laufe der Zeit vollständig zurückgebildet. Ist das eine Art Mimikry oder Mimese? Diese Arten der Tarnung nutzen viele Tiere, um andere nachzuahmen – wie zum Beispiel eine Schlange. Das erhöht ihre Chance, nicht gefressen zu werden. Doch bei der Blindschleiche ist das anders. Sie bevorzugt Lebensräume, die dicht bewachsen sind. Wenn sie Beine hätte, könnte sie sich nicht so gut durch Gras, Pflanzen und Unterholz bewegen. Ohne Beine kann sie bequem hindurch „gleiten“. Sie hat also deshalb keine Beine, weil es praktischer ist.
Blindschleiche oder Schlange?
Wer einer Schlange begegnet, möchte natürlich wissen, ob es sich um ein gefährliches Tier handelt. Da Blindschleichen keine Beine haben, sehen sie ein bisschen wie Schlangen aus. Und deshalb werden sie oft verwechselt. Zum Beispiel mit Ringelnattern oder Kreuzottern. Wir verraten dir die größten Unterschiede.
Blindschleichen haben einen glänzenden, glatten Körper. Die Haut von Schlangen wirkt dagegen eher matt aus und ihre Schuppen überlappen sich viel stärker. Wer genauer hinsieht, kann sogar erkennen, dass Blindschleichen Augenlider besitzen. Schlangen nicht. Ein gutes Erkennungsmerkmal ist auch der kleine Kopf. Er ist genauso schmal wie der Körper. Deshalb lässt sich auch schwer erkennen, wo der Kopf aufhört und der Körper anfängt. Bei Schlangen sind Kopf und Kiefer deutlich breiter als der Körper.
Die Ringelnatter ist die häufigste Schlange in Deutschland. Die auffälligsten Unterschiede zur Blindschleiche sind:
Ringelnatter:
- doppelt bis dreifach so lang (90-150 cm)
- keine glänzende Haut, sondern matte, grobe Schuppen
- kein schmaler, sondern ein breiter Kopf - „Halsring“ (Zeichnung am Hals)
Auch die Kreuzotter begegnet uns in Deutschland häufig. Die Blindschleiche unterscheidet sich in folgenden Merkmalen von ihr:
Kreuzotter:
- keine glänzende Haut, sondern matte, grobe Schuppen
- Zickzack-Zeichnung auf dem Rücken
- kein schmaler, sondern ein breiter Kopf - große Augen
Lebensraum
Blindschleichen bevorzugen Lebensräume wie Waldränder, Graswiesen, Heideland, Bahndämme und Gärten. Sie lieben es feucht und warm und sind daher auch oft in Komposthaufen zu sehen.
Lebensweise
Blindschleichen sind vor allem in der Morgen- und der Abenddämmerung aktiv. Dann machen sie Jagd auf kleine Tiere machen. Den Rest des Tages verstecken sie sich an warmen, feuchten Plätzen.
Ernährung
Blindschleichen fressen wirbellose Tiere wie Würmer, Raupen, Schnecken und Spinnen. Ihre Beute töten sie nicht durch Gift – denn sie besitzen keines. Die Eidechse hält sie mit ihren Zähnen fest und verschluckt sie im Ganzen.
Verhalten
Winterstarre
Ab Oktober bereiten sich Blindschleichen auf den Winter vor. Sie vergraben sich zum Schutz vor Kälte und Raubtieren in der Erde. Sobald es richtig kalt wird, verfallen sie in Winterstarre. Wenn es im März wieder wärmer wird, „wachen“ sie auf und verlassen ihr Winterquartier.
Fähigkeiten und Sinne
Sehsinn
Sind Blindschleichen blind? Obwohl ihr Name anderes vermuten lässt, sind sie nicht blind. Zu ihrem Namen kamen die Tiere wegen ihrer Haut. Im Althochdeutschen nannte man sie „blendende Schleichen (plintslicho), weil sie so stark glänzen. Aus „blendend“ wurde irgendwann „blind“.
Geruchssinn
Blindschleichen riechen mit ihrer Zunge. Sie strecken sie heraus und nehmen durch die feuchte Oberfläche kleinste Duftteilchen auf.
Geschwindigkeit
Blindschleichen sind nicht sehr schnell. Sie schaffen nur etwa 300-800 m pro Stunde.
Verteidigung
• Schwanz abwerfen
Blindschleichen können Teile ihres Schwanzes abwerfen. Sie tun das, wenn sie von einem Raubtier bedroht werden. Nachdem sie den Schwanz abgetrennt haben, zappelt er noch einige Minuten. Das lenkt den Angreifer ab und sie können entkommen. Der Schwanz wächst sogar nach. Er erreicht dann aber nicht mehr seine ursprüngliche Länge und Form.
• Kot und Harn ausscheiden
Eine anderer Trick, sich zu verteidigen, ist das Ausscheiden von Kot und Harn. Der üble Geruch wehrt den Angreifer mit etwas Glück ab.
Lebenserwartung
Blindschleichen können erstaunlich alt werden. Von allen Eidechsen haben sie die höchste Lebenserwartung. Sie liegt bei etwa 15 Jahren. Ein Tier im Kopenhagener Zoo wurde sogar 54 Jahre alt.
Feinde und Bedrohungen
Natürliche Feinde
Blindschleichen haben viele Feinde. Fuchs, Dachs, Igel, Ratte, Storch, Rabe und Eule gehören zu den häufigsten. Eine große Bedrohung stellt außerdem der Mensch dar, denn durch ihn verliert die Eidechse immer mehr Lebensraum. Da die Tiere oft mit Schlangen verwechselt werden, werden sie auch häufig aus Angst erschlagen.
Unter Natur- und Artenschutz
Blindschleichen stehen unter Natur- und Artenschutz. Sie dürfen nicht verletzt oder gefangen werden. Es ist auch nicht erlaubt, sie aus Spaß dazu zu bringen, ihren Schwanz abzuwerfen. Das Tier braucht sehr viel Energie und Zeit, ihn wieder nachwachsen zu lassen. Außerdem kann er kein zweites Mal abgeworfen werden. Die Taktik funktioniert nur einmal.
Sind Blindschleichen gefährlich?
Blindschleichen sind keine gefährlichen Tiere für uns Menschen. Sie sind nicht giftig. Außerdem kann ihr Biss einem Menschen nichts anhaben. Dazu haben sie zu wenig Kraft und zu kurze Zähne. Sie sind vollkommen harmlos und verhalten sich sehr friedlich.
Bedeutung für das Ökosystem
Wer eine Blindschleiche in seinem Garten sieht, kann sich freuen! Die Eidechsen verspeisen mit Vorliebe Tiere, die wir ungern um uns haben, z. B. Pflanzen-Schädlinge.
Lebensraum für Blindschleichen
Blindschleichen lieben feuchtes, dichtes Grasland und verstecken sich gerne unter der Erde. Wer sie in seinen Garten locken möchte, sollte für viele Pflanzen sorgen. Ideal wäre ein Komposthaufen, denn in feuchten, verrottenden Pflanzen fühlen sie sich besonders wohl.
Fortpflanzung
Blindschleichen pflanzen sich zwischen Ende April und Juni fort. Wenn ein Männchen seine Rivalen besiegt und ein Weibchen für sich gewonnen hat, „beißt“ er ihr in den Hals. So kann er sich gut an ihr festhalten. Die beiden schlingen sich für mehrere Stunden ihre Körper umeinander und paaren sich.
Ovovivipar
Zwischen Mitte Juli und Ende August kommen die Jungen zur Welt – lebend! Das ist eine Besonderheit, denn die meisten Reptilien legen Eier. Bei der Blindschleiche bleiben sie aber im Körper und werden dort ausgebrütet. Wenn die Jungtiere im Mutterleib schlüpfen, sind sie schon 7-10 cm lang. Die Babys ernähren sich dann noch eine Weile vom Eigelb der Eier und werden dann „geboren“. Das nennt man „ovovivipar“ (lateinisch für „Ei-Lebend-Geburt“). Für gewöhnlich kommen etwa acht Junge gleichzeitig zur Welt.
Fun Facts
Reptil des Jahres
Die Blindschleiche war Reptil des Jahres 2017 in Deutschland.
Auf Englisch
Die Blindschleiche heißt auf Englisch „slow worm“. Manchmal wird sie auch „blindworm“ genannt.